Land der Pferde und Vulkane

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Nicaragua gilt in Europa noch als Geheimtipp. Die Amerikaner haben das abwechslungsreiche Land längst für sich entdeckt.

Traumstrände, wilde Canyons, brodelnde Vulkane, mystische Nebelwälder und einsame Karibikinseln: Das sind nur einige der Highlights die Nicaragua zu bieten hat. Das kleine zentralamerikanische Land zwischen Costa Rica und Honduras hat sich in den letzten zehn Jahren touristisch gut entwickelt. „Wir waren dabei, Costa Rica zahlenmäßig zu überholen“, hören wir auf unserer Reise immer wieder. Die Betonung liegt auf „waren“, denn die politischen Unruhen, die das Land im Frühjahr 2018 nach knapp dreißig friedlichen Jahren erstmals erlebt hat, haben Nicaragua auch touristisch zutiefst getroffen. Beim Spaziergang durch die einst lebendige Kolonialstadt Granada treffen wir kaum andere Touristen und das, obwohl sich die Situation längst wieder beruhigt hat und man sich im ganzen Land wieder sicher bewegen kann. Da es Ausländern untersagt ist, sich in Nicaragua politisch zu äußern, sprechen wir das Thema nicht selbst an, trotzdem ist es überall präsent, denn 60 Prozent der Menschen haben durch das Ausbleiben der Touristen ihren Job verloren. Die Hoffnung geben die Nicas, wie die Einwohner kurz genannt werden, aber nicht auf. „Wir hoffen einfach, dass die Leute bald wieder zurückkommen. Touristen haben im Land nichts zu befürchten“, ist sich auch der deutsche Auswanderer Harri sicher, der auf der „Isla de Ometepe“, einer Vulkaninsel im Nicaraguasee, seit neun Jahren eine Lodge betreibt und Besuchern mit seinen Pferden die Schönheit des Landes näherbringt. Seit sieben Monaten sind wir auch hier beinahe die ersten Gäste, ein Hoffnungsschimmer, wie er sagt. Ein Satz, den wir auf unserer Reise noch oft hören werden.

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Idyllisches Landleben

Auf der Isla de Ometepe gibt es keinen Stress. Dafür jede Menge Natur und zahlreiche Ausflugsziele, die man zu Fuß, mit dem Pferd oder dem Kajak erreichen kann.

Fast das ganze Land für uns alleine

Für uns ist diese Zeit allerdings eine einmalige Gelegenheit, das Land so ursprünglich kennenzulernen, wie es vor zehn Jahren noch war. Da die Straßen im Land gut sind und der Verkehr geregelt ist, bewegen sich die meisten Touristen mit dem Mietauto oder Taxis fort. Um so authentisch wie möglich zu reisen, nehmen wir aber erstmal den Chicken Bus (die ausrangierten amerikanischen Schulbusse werden so genannt, weil auch schon mal Hühner damit transportiert werden) von Granada Richtung Süden. Die Fahrt ist ein Abenteuer, denn die Busse fahren mit offenen Türen und halten überall, wo Leute am Straßenrand einsteigen möchten. Zwischendurch kann es ganz schön eng werden, aber unsicher fühlen wir uns auch im Gedränge nie. Die Einheimischen sind freundlich und ausgesprochen hilfsbereit. Was uns bei der Fahrt durch das Land als erstes auffällt, sind die vielen Pferde, die überall grasen und sowohl für die Feldarbeit als auch als Fortbewegungsmittel und für Ausflüge mit Touristen genutzt werden. Da die Regenzeit Ende Oktober gerade vorbei ist, überzieht ein leuchtendes Grün die hügelige Landschaft, die am Ende unserer Busfahrt vom riesigen Nicaraguasee durchbrochen wird, der im Süden an Costa Rica grenzt und 15 Mal so groß ist wie der Bodensee.

Blick in den Masaya-Vulkan

Dass man in einen Vulkan blicken kann ist wohl ziemlich einzigartig. Besonders schön ist dies natürlich am Abend zur blauen Stunde.

Kaum ein Land bietet so viel Abwechslung wie Nicaragua. Unzählige aktive Vulkane warten nur darauf, erkundet zu werden. Während man im Süden mit Schlauchbooten und Kajaks entlang von wildromantischen Flüssen treiben kann, schmeißen sich am Pazifik mit seinen langgezogenen und teils menschenleeren Stränden die Surfer in die Wellen. Wer es lieber ruhiger mag, kann sich am Laguna de Masaya, einem kristallklaren Kratersee, im Wasser treiben lassen oder die Ruhe in den mystischen Nebelwäldern des Nordens genießen. Wer die entdecken möchte, braucht allerdings einen Allrad oder gute Nerven für die Busfahrt, denn die Straßen im Miraflor Nationalpark sind ungeteert und abenteuerlich. Die Kolonialstädte Granada und León hingegen bieten jede Menge Kultur. Interessierte können in Estelí eine Zigarrenfabrik besuchen oder in den „Pueblos Blancos“ bei Masaya den Töpfern über die Schulter schauen, wenn sie in Windeseile ihre Kunstwerke zaubern. Richtig viel Adrenalin bringt die rasante Abfahrt mit dem Schlitten vom Vulkan Cerro Negro. Dagegen ist die Tour durch den wunderschönen Somoto Canyon ein Klacks. Während man flussabwärts treibt, hat man hier mehr als genug Zeit, die Fledermäuse und Vögel zu beobachten, die sich in der beeindruckenden Schlucht aufhalten. Richtig ursprünglich wird es an der kaum erschlossenen Karibikküste und den vorgelagerten Inseln.

Am meisten Spaß haben wir dann aber doch, als wir in Las Peñitas, nur unweit der Studentenstadt León, zusammen mit den Einheimischen stundenlang laut lachend in die hohen Wellen springen und das Leben genießen, denn eines haben die Nicas nicht verloren: ihren Optimismus und die Hoffnung, dass sich bald auch wieder andere in das bezaubernde Land trauen.


Karibikfeeling auf den Corn Islands

Etwa 70 Kilometer vor der Karibikküste Nicaraguas befinden sich Little und Big Corn Island (auf spanisch: Islas del Maíz). Erreichbar sind sie bequem per Flugzeug von Managua aus oder - etwas abenteuerlicher - auch per Schiff von Bluefields. Auf Corn Island (selbst die größere der beiden Inseln ist nur 12,9 Quadratkilometer groß) lässt sich das karibische Leben so richtig genießen. Die weißen Sandstrände laden zum Baden und Schnorcheln ein und abends isst man bei Einheimischen karibisches „Rundown“ oder Langusten und Hummer in allen Varianten für ein paar Euro. Die Insel an sich erkundet man am besten zu Fuß oder mit einem Moped - dafür reicht dann allerdings ein Tag aus. Besonders empfehlen können wir die Unterkunft La Princesa de la Isla. Constanza und Alessandro sind ausgesprochen gastfreundlich. Abends kocht Alessandro für die Gäste, in der Früh gibts Kokosbrot und superleckere Ananasmarmelade, die Alessandro ebenfalls selbst zubereitet.

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