In den Tiefen des Amazonas

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Kolumbien: Unberührte Natur und eine unglaubliche Artenvielfalt warten im Amazonas auf die Besucher. Zwei Nächte in der Wildnis - ein Abenteuer voller Höhen und Tiefen.

Nur per Flugzeug von Bogotá oder per Schiff zu erreichen, befindet sich ganz im Süden Kolumbiens, an der Grenze zu Peru und Brasilien, das Städtchen Leticia. Touristen kommen hierher hauptsächlich, um eine Tour durch den Amazonas zu starten oder per Schiff nach Manaus in Brasilien zu gelangen. Im „kolumbianischen Trapez“ dreht sich alles um den riesigen Fluss, der sich beeindruckend durch den Dschungel schlängelt und eine unglaubliche Artenvielfalt beherbergt. Auch wir möchten ihn erkunden und machen uns auf die Suche nach einem vertrauenswürdigen Guide, der uns sicher mit dem Boot durch den Amazonas bringt, denn nicht wenige versuchen, sich hier schnelles Geld zu verdienen und bringen Touristen mit schlechten Booten und schlechter Ausrüstung in Gefahr. „Ich habe schon seit Jahren einen Eintrag im Lonely Planet und online zahlreiche Empfehlungen“, schafft es Antonio Cruz Pérez, uns von seiner Agentur zu überzeugen. Wir entscheiden uns für eine dreitägige Tour mit zwei Übernachtungen in der Hängematte. “Eine Nacht schafft schließlich jeder - nur nach zwei Tagen lernt man die Schwierigkeiten des Lebens im Amazonas kennen”, ist Antonio überzeugt. Und soll Recht behalten.

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Isla Los Micos

Wenn man Affen fotografieren möchte und die lieber auf einen draufklettern… Die Isla Los Micos ist für Affenliebhaber ein Must.

Unser Gepäck lassen wir im Büro und nehmen nur das Nötigste mit auf unser kleines Boot, das wir vor der Abfahrt noch mit genügend Wasser und etwas Essen befüllen, und so geht unser Abenteuer los. Nach einem kurzen Zwischenstopp in einem grenznahen Ort in Peru, wo wir uns noch einmal für die nächsten Tage stärken, machen wir uns auf den Weg in die Tiefen des Amazonas. Der Fluss wirkt gigantisch, der Hauptarm scheint bis zu einem Kilometer breit zu sein, das braune Wasser lädt nicht unbedingt zum Baden ein. Schnell aber verlassen wir das geschäftige Treiben der zahlreichen Schiffe und zweigen in einen der unzähligen Nebenarme ein. Außer unserem eigenen Boot und den Tieren ist jetzt nichts mehr zu hören und wir schauen gespannt aufs Wasser, um einen der rosaroten Flussdelfine zu erspähen, die sich hier manchmal blicken lassen. Nach einigen Stunden dann der erste Stopp. Alles ist still, wir bleiben bei einer kleinen indigenen Siedlung stehen, um Pablo abzuholen, der uns mit seiner Erfahrung durch das Dickicht des Dschungels führen wird und uns helfen soll, unser Nachtlager aufzubauen.

Zwischenstopp in einer indigenen Siedlung.

Zwischenstopp in einer indigenen Siedlung.

„Hier ist ein guter Platz zum Schlafen“, beschließt er, als wir das Boot verlassen und ein Stückchen in den Dschungel gehen. Geschickt zeigt er uns, wie man die Hängematten richtig aufhängt und die schützenden Moskitonetze anbringt. Ein Feuer auf allen vier Seiten hält größere Tiere davon ab, uns in der Nacht zu besuchen. Es ist schon dunkel geworden. „Zeit, auf die Jagd zu gehen, meint Pedro, und so fahren wir mit den Taschenlampen so leise wie möglich dem Fluss entlang, um einen der zahlreichen Kaimane zu erwischen, die sich hier verstecken und zu den Hauptnahrungsmitteln der indigenen Völker gehören. Dass Pablo diese mit bloßen Händen aus dem Wasser holt ist für ihn selbstverständlich.

Unsere erste Nacht im Dschungel ist überwältigend. In der Hängematte schlafe ich besser als erwartet, auch die Tarantel, die nur einen Baum weiter ihr Revier zu haben scheint und deren Verhalten ich in den letzten Stunden genauestens studiert habe, beunruhigt mich unter meinem Netz nicht mehr. Als ich in der Nacht aufwache, leuchtet der Vollmond eindrucksvoll zwischen den Bäumen durch, überall sind Tiere zu hören, ein lautes Pfeifen deutet auf eine Schlange hin, die sich in der Nähe befindet, und nur ein paar Meter weiter fließt ruhig der Amazonas an mir vorbei. Am liebsten würde ich noch stundenlang wach liegen um mir diesen Anblick für immer einzuprägen. Irgendwann aber packt mich schließlich doch wieder der Schlaf.

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Pablo - unser Held

Was für ein Glück, dass wir Pablo dabei hatten. Er brachte uns sicher durch das Dickicht.

Am nächsten Morgen werden die mitgebrachten Eier über dem Feuer gegrillt und dann geht es auch schon per Boot und anschließend zu Fuß weiter durch das Dickicht des Dschungels. Pedro erleichtert uns das Gehen mit seiner Machete, zeigt uns zahlreiche Tiere und Pflanzen. Bis er schließlich meint: “Die restlichen Meter bis zum Schlafplatz schafft Pedro mit euch alleine.” Klar - denken wir, denn schließlich war auch Pedro schon oft hier und so verabschieden wir uns von unserem Begleiter und stapfen nun hinter Pedro her. Nach 30 Minuten werde ich allerdings zum ersten Mal unruhig. “Sagte Pablo nicht, dass wir nur noch zehn Minuten gehen müssen?”, frage ich Didi leicht verunsichert. Das Vorankommen wird inzwischen immer schwieriger. Um uns einen Weg zu bahnen muss Pedro immer härter mit seiner Machete um sich schlagen. “Sieht nicht so aus als wären hier von uns schon mal Touristen gegangen”, denke ich mir und so wird mir immer banger, denn die Vorstellung, sich im Amazonas zu verlaufen gehört spätestens seit jetzt zu meinen absoluten Albträumen. Auch Pedro scheint jetzt nicht mehr ganz so entspannt zu sein. Immer wieder blickt er sich um, sucht nach dem Fluss, der uns den Weg weisen könnte. Während ich versuche, nicht in Panik auszubrechen, drängen wir uns weiter durch das Dickicht bis schließlich - gefühlte Stunden (wahrscheinlich war es nur eine halbe Stunde) später ein Wunder geschieht. Der Dschungel lichtet sich und wir stehen nicht nur plötzlich wieder am Fluss sonder auch noch direkt an unserem Schlafplatz, den Pedro verzweifelt gesucht hat.

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Übernachten in der Hängematte

Die erste Nacht im Amazonas verbringen wir in der Hängematte. Vollmond inklusive.

Voller Erleichterung beginnen wir, diesmal aus Ästen und mit Planen unser Camp auf dem Boden aufbauen. Und wo am ersten Abend noch alles toll und spannend war, kann ich mir jetzt so langsam vorstellen, wie schwierig das Überleben im Dschungel wirklich ist. Die vielen Mücken fangen an, uns zu einer wahren Plage zu werden, aber der frisch gefangene Fisch über dem Feuer entschädigt für Vieles und so wird auch die zweite Nacht zu einem wahren Abenteuer und einem unvergleichlichen Erlebnis. Als wir am nächsten Morgen mit dem Boot auf dem Rückweg sind, die Sonne auf uns herunterbrennt und wir endlich die lange ersehnten Flussdelfine vor uns springen sehen, machen wir, was wir uns vor zwei Tagen noch nicht hätten vorstellen können. Wir springen ins braune Amazonaswasser und genießen die Abkühlung nach drei Tagen Dschungel, bevor wir langsam wieder nach Leticia zurückfahren und um eine unglaubliche Erfahrung reicher sind, die wir wohl unser ganzes Leben lang nicht mehr vergessen werden.

 
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Frankreich: Mit einem Esel durch die Cévennen