Ein Traum für Pferdefreunde
Die Horse Holiday Farm im Osten Irlands bietet für Pferdefreunde ein einzigartiges Reitabenteuer.
Anbieter für Wanderritte gibt es auf der ganzen Welt wie Sand am Meer. Die Horse Holiday Farm im Nordosten von Irland bietet aber etwas Einzigartiges: Wanderritte ganz ohne Begleitung, ausgerüstet mit einer Landkarte, Satteltaschen und natürlich den passenden Pferden.
„Darf‘s noch ein Kaffee oder etwas Obst sein?“, fragt Karin aufmerksam zwischen Frühstückmachen und Gästeeinweisen. Es ist Samstag und somit An- und Abreisetag auf der Horse Holiday Farm. Während die einen sich nun von ihren liebgewonnenen Pferden verabschieden müssen, freuen sich die anderen auf das bevorstehende Abenteuer. Seit über 40 Jahren bieten Tilmann und Colette Arnhold in einer der schönsten und unberührtesten Regionen Irlands, direkt an der Atlantikküste, Reiterferien an. Im Programm stehen unter anderem verschiedene Trails, die entweder an vier oder an sieben Tagen beritten werden können. Wir entscheiden uns für sieben Tage Donegal Trail West, der unberührte Natur, spektakuläre Berge, wunderschöne Moorlandschaften und weiße Sandstrände verspricht.
Den richtigen Begleiter finden
Im Stall wartet Gerry bereits auf uns. Im ganzen Trubel behält er kühl den Überblick und sucht für jeden Reiter mit unglaublicher Geduld das passende Pferd aus. „Viele Damen haben mich schon gefragt, ob ich für sie auch so einfach den perfekten Mann finden könnte“, scherzt er und gibt uns schließlich einen Zettel mit zwei Namen drauf: Paddy und Lancer. „Ein super Team!“, versichert er uns noch und dann dürfen wir sie bei einem ersten Ausritt endlich kennenlernen. Wir sind mehr als glücklich mit der Wahl und sind nach einem aufregenden ersten Tag bereit, unsere Satteltaschen zu packen. Ein paar T-Shirts, Ersatzstiefel, Regenkleidung, eine Landkarte, Putzzeug und zur Sicherheit Wundversorgung für die Pferde. Mehr brauchen wir in den nächsten Tagen nicht. Nach einer Nacht auf der Farm geht es schließlich los. Gerry bringt uns mit dem Transporter zum Ausgangspunkt. Vor vielen Jahren hat er auf der Farm als Truckfahrer begonnen. Mittlerweile ist er für das Einteilen der Pferde und vieles mehr verantwortlich. „Konzentriert euch nicht zu viel auf die Karte. Ich habe überall auf dem Trail gelbe Pfeile angebracht“, gibt er uns noch als Hinweis mit, bevor wir noch einmal die Sattelgurte nachziehen und uns aufs Pferd schwingen.
Jetzt ist es also so weit. Ein Mädchentraum wird endlich wahr und Paddy und Lancer marschieren voller Elan los. Vier Stunden lang geht es durch Wälder und durch einsame Landschaften, die uns von der ersten Minute an begeistern. Gerry hat nicht zu viel versprochen. Dank der vielen Pfeile müssen wir uns kaum auf die Karte konzentrieren und können den Trail in vollen Zügen genießen. Zwischendurch ein kurzer Galopp, dann geht es wieder gemächlich im Schritt und Trab dahin. Die Pferde haben schließlich noch eine lange Woche vor sich. Rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang erreichen wir mitten in der Einöde unser erstes Bed & Breakfast, wo uns Liam schon freudig erwartet und uns zeigt, wo wir die Pferde füttern und auf die Weide stellen können. Nachdem die Vierbeiner versorgt sind, zeigt Mary auch uns das Zimmer und serviert uns kurz darauf frischen Kaffee und leckere Scones mit Butter und Marmelade.
Der längste Ritt der Woche
Nach einer erholsamen Nacht, holen wir am nächsten Morgen schon früh die Pferde von der Koppel, striegeln die Satteldecken aus Lammfell und die Pferde und machen uns nach dem Frühstück auf den Weg, denn am zweiten Tag steht mit sieben Stunden auch schon der längste Ritt der Woche bevor. Nach kurzer Zeit auf Teerstraßen lassen wir die Zivilisation wieder hinter uns und erreichen die wildromantischen Blue Stack Mountains. Außer Schafen, Rehen und Hasen ist hier niemand mehr zu sehen. Ein paar Regenschauer wechseln sich mit Sonnenschein ab und Paddy und Lancer finden zielsicher den Weg auf dem unebenen Gelände. Heute wird es allerdings nicht nur für die Pferde sportlich, denn immer wieder müssen Schafgatter vom Pferd aus geöffnet und wieder geschlossen werden. Nach sechs Stunden beginnt so langsam auch unser Hintern zu schmerzen. Gerade rechtzeitig tauchen vor uns der nächste Ort und ein Pub auf. „Wollt ihr eine Pause machen?“, ruft die Besitzerin uns zu und zeigt uns nach einem begeisterten Nicken, wo wir die Pferde festbinden können. Ein Guinness und ein Sandwich geben uns genügend Kraft, um auch die letzte Stunde noch zu bewältigen. Diesmal erwarten uns schon Neily und seine Frau Barbara in der Nähe von Glenties.
Die Routine beginnt
Am nächsten Morgen kehrt beim Füttern der Pferde und beim Packen der Satteltaschen bereits etwas Routine ein. Leider zeigt sich nun auch das irische Wetter von seiner ungemütlichen Seite und der Weg führt uns an diesem Tag auch entlang einiger Hauptstraßen. Die Pferde beweisen Nerven aus Stahl, während die Trucks mit bis zu 100 km/h an uns vorbeibrettern. Für uns ist es trotzdem ein Nervenkitzel und so sind wir froh, als wir am Abend durchnässt das Meer erreichen und im Hotel einchecken. Als wir am nächsten Tag im gestreckten Galopp über den menschenleeren weißen Sandstrand brettern, sind die Strapazen des Vortages aber auch schon wieder vergessen und so geht es auch die nächsten Tage, ab jetzt zum Glück bei Sonnenschein, wieder weiter über Stock und Stein bis wir am Freitag schließlich unser Ziel erreichen und uns nach vielen tollen Begegnungen mit den unglaublich gastfreundlichen Iren (wo sonst würde einen der Pubbesitzer nach ein paar Drinks persönlich nach Hause fahren, weil es kein Taxi mehr gibt?) und um eine einzigartige Erfahrung reicher, auch schon wieder von unseren treuen Begleitern verabschieden müssen. Nach ein paar letzten Streicheleinheiten zurück auf der Horse Holiday Farm galoppieren Paddy und Lancer auf der Weide davon, wo sie sich nun eine Woche Pause mehr als verdient haben.