Begegnung im Nebelwald
Gorilla Tracking: Ein unvergessliches Abenteuer in Ugandas Bwindi Nationalpark.
Als wir frühmorgens aus dem Dachzelt auf unserem Toyota Prado klettern, beginnt die Sonne im Bwindi Impenetrable Nationalpark bereits die Nebelschwaden zu vertreiben. Es sieht nicht danach aus, als müssten wir heute bei Starkregen durch den Dschungel stapfen, um die letzten Berggorillas der Welt zu suchen. Glück gehabt. Bleibt nur noch die Frage, welcher Gorillafamilie wir zugeteilt werden, und damit, wie viele Stunden die bevorstehende Wanderung dauern wird. Zwischen zwei und zehn Stunden ist alles möglich. Der Nationalpark im Südwesten Ugandas trägt seinen Namen als „undurchdringlicher Regenwald“ schließlich nicht umsonst. Voller Vorfreude treffen nach und nach immer mehr Menschen beim Treffpunkt ein. 36 pro Tag. Mehr sind es nicht, denen dieses exklusive Erlebnis vergönnt ist. Die Tiere sollen nicht zu sehr gestört werden. Trotzdem sind es die Touristen, die sie vor dem sicheren Tod bewahren, denn solange der Staat mit den Permits ausreichend Geld verdient, ist das Töten der Tiere streng untersagt und ihr Lebensraum gesichert.
Das Abenteuer beginnt
Dann ist es endlich so weit. Wir werden aufgerufen. Die Anspannung ist groß. Ganze 700 US-Dollar kostet ein Permit, um die sanften Riesen für eine Stunde zu sehen. Eine Erfahrung, die die meisten – wenn überhaupt – nur einmal im Leben machen. Die Hoffnung, die Gorillas auch wirklich aus nächster Nähe zu sehen, ist groß, die Angst, dass Regenschauer das Erlebnis und die Fotos ruinieren könnten oder die Wanderung schlicht zu anstrengend wird, auch. „Die Rushegura Familie ist mit 17 Mitgliedern die größte imBwindi Nationalpark“, erklärt Saidi, der uns neben Andrew und John als Guide begleiten wird. Dann geht es auch schon los. Wir steigen in einen Jeep, fahren die ersten Kilometer der Strecke, bis wir mit Dornenhandschuhen, ausreichend Wasser und guten Schuhen ausgerüstet in den Wald hinabsteigen. Weil ich einen großen Rucksack samt schwerer Kameraausrüstung dabei habe, habe ich vorab einen Träger gebucht und stelle mir klischeehaft einen Mann vor, der den Rucksack mühelos tragen kann. Weit gefehlt, wie sich jetzt herausstellt. „Ich bin Osilia“, stellt sich die 16-jährige, etwas schüchterne Frau vor. „Du kannst mir deinen Rucksack geben“. Osilia ist ein sogenannter „Student-Porter“. Studentinnen und Studenten erhalten die Möglichkeit, in den Ferien erste Erfahrungen als Träger zu sammeln und so später vielleicht eines Tages selbst als Guide zu arbeiten. Bei mir macht sich hingegen ein schlechtes Gewissen breit. Einer jungen Frau wollte ich mein schweres Gepäck nun wirklich nicht zumuten. Nachdem sie mir mehrfach zusichert, den Rucksack problemlos tragen zu können und mir durch den Kopf geht, dass es in Uganda ohnehin die Frauen sind, die sowohl die körperlich anstrengende Arbeit auf den Feldern erledigen als auch die schweren Wasserkanister täglich von den Brunnen nach Hause schleppen, lenke ich ein. Und so wandert unsere kleine Gruppe gemächlich durch den eindrucksvollen Regenwald, der seit 1994 zum UNESCO-Welterbe gehört.
Immer tiefer in den Wald
Die Luft ist erfüllt von der Geräuschkulisse des Waldes. Mit jedem Schritt tauchen wir etwas tiefer in die Welt ein, die sich der modernen Zivilisation bis heute entzieht. „Da hinten im Baum sind Affen“, sage ich mit einem Lächeln, als ich es nach einer guten halben Stunde Wanderung in einem der Bäume rascheln höre. Es ist schließlich nicht unsere erste Safari, und im Spähen haben wir inzwischen Übung. Sie sind noch ein Stück weit weg, aber mit dem Fernglas kann ich sie vage erkennen. Welche der elf Arten, die sich im Park aufhalten, das ist, frage ich beiläufig, als die Guides schließlich auch stehen bleiben. Überrascht davon, dass wir sie überhaupt vor ihnen entdeckt haben, wirft nun auch Saidi einen Blick auf die Bäume und sagt dann mit einem breiten Grinsen: „Irgendwelche Affen, du bist gut. Da sind die Gorillas!“ Gelächter bricht aus und Erleichterung. Nach nur 40 Minuten haben wir die Gorillafamilie also bereits erreicht.
Eindrucksvolles Erlebnis
Noch sind die Gorillas hoch oben in den Bäumen. Kaum zu glauben, dass die riesigen Tiere sich dort so mühelos bewegen. Dass sie – jetzt, wo wir hier sind – von ihren Bäumen herunterkommen, kann ich mir allerdings kaum vorstellen und finde mich schon etwas damit ab, sie eben nur aus der Ferne zu sehen. Wir setzen uns aber erstmal auf den Boden und warten, was passiert. Und siehe da - keine zehn Minuten später kommen die ersten Gorillas zur Fellpflege und zum Spielen nach unten. Dass wir hier sind, scheint ihnen tatsächlich komplett egal zu sein. Wohl kaum würde sich sonst die stolze Mama mit ihrem vier Monate alten Baby direkt vor uns hinsetzen. Fast scheint sie die Aufmerksamkeit zu genießen. Das Baby schaut neugierig in die Kameras. Es ist ein magischer Moment für uns alle und ein seltenes Privileg, im Lebensraum dieser eindrucksvollen Tiere sein zu dürfen. Jetzt möchte auch einer der beiden Silberrücken der Familie seinen Auftritt haben. Er klettert geschickt vom Baum herunter und geht direkt an uns vorbei. Wir halten kurz die Luft an, ich gehe etwas zur Seite, aber Andrew gibt mir das Okay, dass wir sicher sind. „Er ist gut gelaunt, er wird uns nicht angreifen“, versichert er. Eine ganze Stunde haben wir Zeit, um die Tiere zu beobachten. Während die kleineren Affen herumtollen und auf ihren Brustkörben trommeln, werden an anderer Stelle Fellpflege betrieben und Sozialkontakte gepflegt. Und dann ist es auch schon wieder so weit. Wir müssen Abschied nehmen. Die Zeit ist vorbei, aber die Erinnerung an dieses Erlebnis wird uns noch lange begleiten.